Hexe
von Kate Fynn aus Aslaug


Ich bin keine Hexe.
Warum bin ich dann hier?
Warum bin ich im Kerker und warte auf den Scheiterhaufen?
Lasst mich raus! Lasst mich raus!

Ich bin keine Hexe.
Diese Worte habe ich immer wieder geschrien, als ich in der Folterkammer
gefoltert wurde.
Blut quoll mir überall hervor.
Nackt haben sie mich ausgezogen um ein Teufelsmal zu finden.
Sie fanden Keines.

Ich bin keine Hexe.
Genau so wie die, die mit mir eine Zelle geteilt hatte.
Alle waren sie zu Asche geworden.
Nur weil sie jemandem im Weg gestanden sind.
Ich bin auch jemandem im Weg gestanden.
Nun bin ich die letzte.
Doch bald wird wieder Jemand Jemandem im Weg stehen.

Ich bin keine Hexe.
Warum befreist du mich nicht, Herr.
Ich weiss, ich bin kein Heiliger.
Ich habe nicht so grosse Taten vollbracht wie Christi.
Aber ich habe den Leuten mein Lachen geschenkt.
Doch auch das haben sie anscheinend vergessen.
Die Wachen kommen ...

Ich bin keine Hexe.
Warum bewerfen mich dann die Leute mit Essensresten?
Warum tun das meine Freunde, meine Familie.
Sie alle haben mich verraten.

Ich bin keine Hexe.
Warum steh ich dann hier, so hoch das alle Leute mich sehen können?
Warum werde ich an den Holzpfahl gefesselt?

Ich bin keine Hexe.
Warum sieht mich meine Familie an, als sei ich ein Fremder.
Martin, kleiner Bruder, du bist der Einzige der für mich weint.
Weine nicht.
Maria, kleine Schwester, warum schaust du weg?
Hasst du Angst das dass, du das was du im Richtersaal aussagtest, dir zur
Last fallen könnte.
Mutter, liebe Mutter, bilde ich mir das ein oder hast du glasige Augen?
Vater, wie viel hättet ihr dafür gegeben mich nicht hier oben zu sehen?
Nur Jasmina freut sich, nun bekommt sie Johann.

Ich bin keine Hexe.
Warum kriechen die Flammen dann an meine Füssen hoch.
Warum drehst du dich um Jasmina?
Ist das nicht dass, was du sehen wolltest?
Warum ist Johann nicht hier?
Warum tut das so weh?
Warum wird mir schwarz vor Augen?

Auf all diese Fragen kenne ich nur eine Antwort:

Weil ich keine Hexe bin.