Kiwi aus Draconis
Frühlingslied
Es war die schönste Jahreszeit, der Frühling zeigte sich heut morgen wieder einmal von seiner besten Seite. Junge Knospen kündigen das Bevorstehen einer Blütenreichen Zeit an. Schon jetzt duftete es weit und breit und Bienen besummen freudig ihren Weg.
Evey saß am Fenster und schaute verträumt aufs Land. Sie wohnte auf dem Land, hier konnte sie das Treiben der Natur besser beobachten als anderswo.
Sie liebte das Land, schon immer, es war damals eine Qual für sie, als sie wegen ihrer Mutter in die Stadt ziehen mussten. Nie hatte sie sich wirklich zu Recht gefunden, sie fühlte sich immer fehl am Platz. Nie konnte sie außer Haus gehen, ohne Angst um ihr Leben zuhaben, dass ein rücksichtsloser Autofahrer einen Unfall baut.
Fast fünf Jahre brachte sie so in der Stadt zu, bis sie eines Tages Corey kennen lernte, ein netter junger Mann, der frisch hin gezogen war.
Sie freundeten sich schnell an, da sie auch auf die gleiche Schule gingen, sahen sie sich oft. Auch nachmittags unternahmen sie viel mit einander.
Nach einiger Zeit erlernte Corey das Autofahren, voller Stolz zeigte er Evey sein Führerschein, doch war sie gar nicht davon begeistert. Ihr Vater kam durch einen fremdverschuldeten Unfall mit einem Auto damals ums Leben. Sie musste seine letzten Atemzüge miterleben. Sie war ebenfalls im Wagen gefangen, doch nichts konnte sie tun, weder ihm noch sich selbst helfen. Durch reines Glück konnte sie damals, fasst unversehrt aus dem Auto herausgeholt werden. Ihr Vater überlebte nicht.
Seit dem pflegt sie schon fast eine panische Angst zu Autos und ihren Fahrern.
Doch konnte sie sich mit der Zeit wieder daran gewöhnen und so kam es, dass sie mit Corey eine Spritztour unternahm. Sie fühlte sich wohl, schließlich war es Frühling, die schönste Zeit des Jahres.
Sie fuhren lange, bis aufs Land und wieder zurück, es umgab sie ein Gefühl der Freiheit und des Glückes, doch dieses sollte nur für kurze Zeit halten.
Denn mit einem Mal passierte es! Vor ihnen, auf einer Autobahn, verlor ein Fahrer die Kontrolle seines Autos, Corey fuhr zu schnell um noch rechtzeitig bremsen zu können, so raste er ihm mitten rein, das Auto überschlug sich und rutschte noch einige Meter auf der Straße, bis es endlich zum stehen kam.
Evey war bei vollem Bewusstsein und erlebte das Geschehen auf dieselbe Weise wie bei ihrem Vater, wieder schaute sie zur Seite, wieder musste sie miterleben, wie einer ihrer engsten Vertrauten starb. Corey röchelte, doch kam nicht mehr als Blut aus seinem Mund, ehe er die Augen für immer schloss.
Evey fuhr vom Fenster weg und drehte ihren Rollstuhl in Richtung Haustür, es hatte geklingelt. Ein Arzt stand an der Tür, der wie immer nach ihr schauen wollte „Guten Tag Evey, wie geht es Ihnen denn heute und ihrer Multiplen Sklerose?“ fragte er wie immer freundlich. „Gut.“ antwortete Evey, schließlich ist es ja Frühling, die schönste Zeit des Jahres, dachte sie und sang ein Frühlingslied.